Auf ein Wort (II/2012)

Liebe Gemeindeglieder!

„Ein Ende ist immer ein Anfang“ So lautet der Titel eines kleinen Buches, das vor mir liegt. Ich habe es vor Jahren von einer Studienkollegin geschenkt bekommen. Es berichtet über die Lebensgeschichten von Frauen in der sog. Wendezeit. Zwei Dinge machen es für mich zu einem besonderen Buch: Ich verbinde es mit einer vertrauten Person. Und: der Titel des Buches ist mir so eingängig, dass er mir von Zeit zu Zeit in den Sinn kommt – gerade wenn es Situationen gibt, die diese Worte beschreiben: „Ein Ende ist immer ein Anfang.“ Dieser Satz macht mir Mut, weil er den Blick nicht nur zurück, sondern auch nach vorne richtet. Ein Ende ist immer ein Anfang – das gilt

auf ganz unterschiedlichen Ebenen: Bei einem Arbeits- oder Schulwechsel, wenn die Kinder ausziehen ….. Manchmal nehmen wir Abschied von Menschen, weil sie oder wir wegziehen. Vertrautes geht zu Ende – das macht (zu recht) wehmütig. Aber auch hier gilt: Ein Ende ist immer ein Anfang – für den, der wegzieht ganz offensichtlich; für den, der zurückbleibt, wohl auch, wenngleich nicht ganz so offensichtlich. Und vielleicht (das heißt: im besten Fall) ergibt sich eine andere, ganz neue Beziehung

zwischen denen, die wegziehen und denen, die bleiben. Karfreitag und Ostern steht „vor der Tür“. Und auch hier gilt: Ein Ende ist immer ein Anfang – Gott sei Dank! Was Ostern bedeutet, fasst eine Begebenheit für mich in Worte: Die Großmutter ist gestorben. Ihr Enkel Luca, 5 Jahre alt, wohnte mit ihr in einem Haus. Er hatte in den letzten Monaten mitbekommen, wie krank Oma geworden war. Immer ging er zu ihr, erzählte ihr, was es in seinem Leben alles Wichtiges gegeben hatte. Er besuchte sie auch noch, als sie schon ans Bett gefesselt war. Jeden Tag ein „Tschüss, Oma“, wenn er zum Kindergarten ging. Und ein „Hallo, Oma!“, wenn er wieder heimkam.

So auch an dem Tag, an dem Oma starb. Bevor er zum Kindergarten ging, durfte

er noch einmal zu seiner toten Oma hinein. Ein letztes Mal: „Tschüss, Oma.“

Im Laufe des Tages holte der Bestatter die Verstorbene ab. Als Luca wieder heimkam, schaute er – wie gewohnt – bei Oma ins Zimmer. Aber Oma war weg. Seine Eltern erwarteten nun, dass ihr Kleiner in Tränen ausbrechen würde. Aber Luca sagte nur: „Ach ja. Oma kann ja gar nicht da sein. Sie ist ja tot. Sie ist doch jetzt im Himmel.“ „Ein Ende ist immer ein Anfang.“ Ich wünsche Ihnen – zu Ostern und im Leben überhaupt: dass Sie diese Worte begleiten und stärken mögen.

Ihr Sebastian Beutel