Eine Freundin bekam zu ihrem Geburtstag eine Schatzkiste geschenkt. Als sie sie öffnete, war sie erstaunt: Sie war leer. „Sie ist für Erinnerungen an Schönes gedacht, was du erlebst. Was dich glücklich macht oder dir gut tut. Oder für schöne Dinge, die dein Leben bereichern“, sagte die Frau, die sie ihr geschenkt hatte. Die Schatzkiste füllt sich nun: mit einer Muschel aus dem Urlaub, mit einem Buch, das ihr gut gefallen hatte, einem Brief, der ihr viel bedeutete.
Viele andere Dinge haben inzwischen in der Schatzkiste einen Platz gefunden. „Wenn ich einen schweren Tag hatte, dann schaue ich abends oft hinein“, sagt sie. „Die Erinnerung an das Gute, an die Schätze in meinem Leben gibt mir Kraft und macht mich ein bisschen fröhlicher“.
Ich finde das eine tolle Idee. Wie leicht verfliegen schöne Erlebnisse. Wie schnell gerät das Schöne, das ich erlebt habe, in einer schweren Zeit aus dem Blick. Wer sich daran erinnern kann: Es gibt nicht nur die harten Zeiten, nein, ich habe auch viel Gutes erlebt, der trägt einen Schatz in sich, den er heben und von dem er zehren kann. So eine Schatzkiste kann mich daran erinnern, immer wieder. Wenn wir in unserer Kirche am Erntedankfest unseren Altarraum festlich schmücken, dann ist das so ähnlich, als füllten wir eine Schatzkiste. Wir erinnern uns an das, was wir in diesem Jahr ernten konnten. Kartoffeln und Getreide, Äpfel und Birnen, Sonnenblumen und Astern – wenn auch unter nicht immer einfachen Bedingungen. Viel Arbeit steckt darin. Und doch können wir nicht allein für eine gute Ernte sorgen. Gott hat seinen Segen darauf geträufelt, damit wachsen konnte, was Menschen gesät haben. Er hat uns reich beschenkt. Und dafür danken wir ihm an diesem Tag.
Mich an das Gute erinnern, dankbar dafür sein, das will ich immer wieder versuchen. Am Erntedankfest und an den anderen Tagen meines Lebens. Es rückt schwere Zeiten in ein anderes Licht und gibt mir Kraft, sie zu überstehen. Es macht mich zufrieden, ja manchmal sogar glücklich. Und ich nehme die Welt anders wahr. So hebe ich den Schatz meines Lebens und zehre davon. Bestimmt hat das auch der Beter des 103. Psalm gewusst, wenn er sagt: „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!“ Offene Sinne für das Gute und Schöne in Ihrem Leben wünscht Ihnen
Ihr Sebastian Beutel