Liebe Leser,
„Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ (Lk 6,36) – die Jahreslosung für 2021 spricht etwas an, was dem Christentum wortwörtlich in die Wiege gelegt wurde – oder besser gesagt – in die Krippe. Gott selbst ist Barmherzigkeit. Gott nimmt sich seines Volkes an und erbarmt sich: „Der Herr hat sein Volk getröstet und sich seiner Armen erbarmt… Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergessen würde: ich vergesse dich nicht.“ (Jes 49,15). Nicht zufällig bedeutet das alttestamentliche Wort für „Erbarmen/Mitleid“ auch „Mutterschoß“. Das ist merkwürdig, sagt aber aus: Gott lässt sich im Innersten seines Wesens – in seinen Eingeweiden – von der Not seiner Menschen berühren. Jesus Christus, die uns in die Krippe gelegte Barmherzigkeit, erzählt die Geschichte von dem barmherzigen Vater, der den „verlorenen“ Sohn mit einem großen Fest empfängt, nachdem dieser aus eigenem Verschulden sein Leben in der Fremde regelrecht weggeworfen hatte. Wie sehr muss er diesen Sohn lieben, dass er ihm vergibt! Und er erzählt auch von dem „barmherzigen Samariter“, der sich um den Verletzten am Wegesrand kümmert, an dem viele andere zuvor untätig vorbeigelaufen waren. Er packt beherzt und praktisch zu, weil er sich berühren lässt von der Not dieses Menschen. Einen Fremden!
Die „sieben Werke der Barmherzigkeit“, welche sich an Mt 25 orientieren, geben konkrete Anweisungen darüber, wie wir miteinander umgehen sollen: die Hungernden speisen, den Dürstenden zu trinken geben, die Nackten bekleiden, die Fremden aufnehmen, die Kranken besuchen, die Gefangenen besuchen, Tote begraben. „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ – das sagt die uns in die Krippe gelegte Barmherzigkeit. Nächstenliebe, Vergebung, beherzte und praktische Hilfe – in unserem Handeln spiegelt sich die Barmherzigkeit Gottes, durch den wir mit allen Lebewesen verbunden sind.
Möge die Barmherzigkeit unsere Richtschnur sein in diesem neuen Jahr. Möge sie uns weiterhin leiten und begleiten.
Mit herzlichen Grüßen,
Ihre Pfarrerin Roseli Arendt-Wolff