Liebe Gemeindeglieder,
Ostern ist ein Anfang. Wenn wir Ostern feiern, kommen wir von Karfreitag her: Jesus war gestorben. Sie hatten ihn vom Kreuz genommen und in sein Grab gelegt, ehe die Nacht kam. Und die Nacht, die hereinbrach über sein Grab, war die schlimmste Nacht, und der Tag, der ihr folgte, war der schlimmste Tag der Menschengeschichte, die ja nicht arm ist an schlimmen Nächten und schlimmeren Tagen. Denn der Weg Jesu – das ist der Aufstand der Liebe gegen die Angst, der Aufstand der Hoffnung gegen die Verzweiflung, der Aufstand des Lebens gegen den Tod. Eine schreckliche Nacht und einen schrecklichen Tag lang bleibt die Frage, ob dieser Aufstand womöglich scheitert?
Natürlich wissen wir von Ostern, aber das macht den Karfreitag nicht weniger bedrückend. Und am Ostersonntag ist der Schrecken des Karfreitags nicht einfach vergessen. „Wir wollen alle fröhlich sein…“ – so beginnt eines der schönen Osterlieder. Aber so leicht ist es nicht, wenn man von Karfreitag herkommt. Und das tun wir: Kaum ein Tag vergeht ohne die Nachricht von einem Anschlag, einem Krieg, einem Unglück irgendwo auf der Welt. Wie viele Tränen, die geweint werden! Wie viel Trauer und Schmerz! Das Kreuz, an dem Jesus starb, ist kein Zeichen vergangener und überwundener Grausamkeit; es zeigt die Welt, wie sie ist. Angst, Verzweiflung und Tod gibt es in ihr. Auch ganz in der Nähe mitten unter uns. Ostern ist nicht ohne Karfreitag. Aber Karfreitag ist nun auch nicht mehr ohne Ostern.
Ostern ist ein Anfang. Gott macht diesen neuen Anfang mit der Welt. Ostern bedeutet nicht, dass die Tränen der Trauernden nicht mehr ins Gewicht fallen. Der Tod, den Menschen einander antun, ist nicht weniger schlimm, weil es ja die Auferstehung gibt. Im Gegenteil! Ostern ist ein Anfang darin, dass der Aufstand der Liebe nicht zu Ende ist, sondern weitergeht. Ostern hält fest: Die Welt muss nicht so bleiben, wie sie ist.
Wo Menschen die Hoffnung nicht verlieren – nicht einmal in schrecklichen Nächten und schlimmen Tagen – da hat Ostern etwas mit uns angefangen.
Ostern ist ein Anfang, der alles Anfangen sinnvoll macht.
Ihr Sebastian Beutel